Wer neue Mieter sucht, sollte kein finanzielles Risiko eingehen.
BGH überträgt Rechtsprechung vom Wohnraummietrecht auf benachbarte Eigentümer
Der Fall:
Zwei benachbarte Grundstückseigentümer nutzen eine gemeinsame Heizungsanlage, die sich auf dem Grundstück des Klägers befindet. Der Verbrauch des beklagten Nachbarn wird über eine separate Messeinrichtung erfasst. Zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Klägerin bestand eine "Vereinbarung über die Erstellung, den Betrieb und die Unterhaltung einer Fernheizungsanlage", ausweislich derer die Kosten im "Verhältnis der Wärmeabnahme, gemessen in den Zuleitungen der einzelnen Grundstücke", von den Beteiligten zu tragen sind. Ferner war vereinbart, dass die Parteien "beim Übergang des Eigentums auf andere Personen diese alle Rechte und Pflichten aus der Vereinbarung übernehmen mit der Verpflichtung, diese weiteren Rechtsnachfolgern aufzuerlegen." Der Kläger rechnete die Heizkosten auf dieser vertraglichen Basis für die Jahre 2010 und 2011 ohne Einwendungen der Beklagten ab. Für die Jahre 2012 und 2013 sind die Abrechnungen zwischen den Parteien streitig. Für diese Jahre beansprucht der Klägerin mit der Klage eine Nachzahlung in Höhe von 35.415,30 Euro, ohne jedoch der Beklagten zuvor die Belegeinsicht ermöglicht zu haben.
Das Problem:
Zu entscheiden war, auf welcher Rechtsgrundlage die Heizkosten zwischen den Parteien abzurechnen waren und ob der klagende Nachbar verpflichtet war, seinem beklagten Nachbar Einsichtnahme in die Rechnungsunterlagen zu ermöglichen.
Das Urteil:
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem beklagten Nachbarn Recht und wies die Klage als "derzeit unbegründet" ab. Zur Begründung stützt sich das Gericht darauf, dass im Wege einer Vertragsübernahme die vertraglichen Regelungen auch im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten Anwendung finden. Eine Abrechnung nach der Heizkostenverordnung scheide aus. Vielmehr sei eine rechtsgeschäftliche Bestimmung i. S. des § 10 Heizkostenverordnung (HeizkV) getroffen worden, welche höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 HeizkV genannten Höchstsätze von 70 Prozent vorsehe. Der Beklagten stünde allerdings gemäß § 242 BGB ein temporäres Leistungsverweigerungsrecht zu, solange der Kläger nicht die vorab geschuldete Belegeinsicht gem. § 259 Abs. 1 BGB gewähre. Die gleichwohl erhobene Zahlungsklage sei deshalb als derzeit unbegründet abzuweisen.
Das sagt Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg dazu:
Der BGH hat mit diesem Urteil seine Rechtsprechung zur Belegeinsicht im Wohnraummietrecht (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 7. Februar 2018, Az. VIII ZR 189/17) nunmehr auch auf benachbarte Eigentümer, die gemeinschaftlich eine Heizungsanlage nutzen, übertragen. Das Recht auf vorherige Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen ist dabei durchaus nachvollziehbar.
BGH, Urteil vom 10.4.2019, AZ: VIII ZR 250/17
Amtlicher Leitsatz:
"Ein Eigentümer eines Hausgrundstücks, der von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarung Heizenergie aus einer dort betriebenen, gemeinsam genutzten Heizungsanlage bezieht, ist zur Leistung eines Nachzahlungsbetrags, der sich aus der von dem Eigentümer des Nachbargrundstücks erstellten Jahresabrechnung ergibt, nicht verpflichtet, solange und soweit letzterer einem Verlangen nach Einsichtnahme in die der Jahresabrechnung zugrunde liegenden Belege nicht nachgekommen ist. Eine von dem Rechnungsteller gleichwohl erhobene Klage auf Zahlung des Nachzahlungsbetrags ist als derzeit unbegründet abzuweisen (Bestätigung und Fortentwicklung des Senatsurteils vom 7. Februar 2018 - VIII ZR 189/17, NJW 2018, 1599 Rn. 24 ff.)."