Wer neue Mieter sucht, sollte kein finanzielles Risiko eingehen.
BGH, Urtei vom 27.7.2012, AZ: V ZR 2/12
Wenn sich auf zwei nebeneinander liegenden Grundstücken zwei Gebäude mit einer gemeinsamen Giebelwand befinden, handelt es sich bei dieser Giebelwand um eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung. Sie wird auch als halbscheidige Giebelmauer oder Kommunmauer bezeichnet. Das hierdurch begründete Rechtsverhältnis der beiden Nachbarn ist im Gesetz durch die §§ 921, 922 BGB sowie u. U. durch landesrechtliche Vorschriften geregelt.
In dem vorliegenden Fall hatte der eine Eigentümer sein Haus abreißen lassen, das an eine gemeinsame Giebelwand mit dem Nachbarhaus angebaut war. Er bot seinem Nachbarn an, die Kosten für das Aufbringen eines zweilagigen Außenputzes zu übernehmen. Dies lehnte der betroffene Nachbar ab und verlangte darüber hinausgehend die Anbringung einer Wärmedämmung.
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Nachbarn nun recht. Mit dem Abriss des Hauses sei die Giebelwand freigelegt und dadurch ungeschützt der Witterung ausgesetzt worden. Sie habe auch die wärmeisolierende Funktion des abgerissenen Gebäudes für das benachbarte Haus verloren. Ein solcher Eingriff verstoße gegen § 922 Satz 3 BGB. Die Vorschrift des § 922 Satz 3 BGB beschränke zwar nicht das Recht des Grundstückseigentümers, sein Haus generell abzureißen. Er müsse aber diejenigen Maßnahmen treffen, die zur Verhinderung oder Beseitigung der Auswirkungen des Abrisses auf das Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten seien. Bei den dafür nötigen Aufwendungen handele es sich nicht etwa um Unterhaltungskosten im Sinne von § 922 Satz 2 BGB, die unter der Voraussetzung fortbestehenden Miteigentums an der Wand von beiden Nachbarn gleichmäßig zu tragen wären. Der abreißende Nachbar war deshalb verpflichtet, außer für das Aufbringen des Außenputzes auch für das Anbringen der notwendigen Wärmedämmung Sorge zu tragen. Weil er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, könne der betroffene Nachbar die Erstattung der dafür angefallenen Kosten verlangen (§§ 683, 670 BGB oder §§ 812, 818 Abs. 2 BGB).
Dagegen könne auch nicht vorgebracht werden, dass die Wärmedämmung ausschließlich dem betroffenen Nachbarn einen Vorteil bringe und er daraus den alleinigen Nutzen ziehe, so dass er auch die gesamten Herstellungskosten tragen müsse. Zwar hat der BGH in diesem Sinn den Fall entschieden, dass der Teilhaber einer Giebelwand, an die (noch) nicht (vollständig) angebaut ist, die Kosten für das Anbringen einer Wärmedämmung auf dem freien Teil der Wand allein tragen muss. Hier liege der Fall aber anders. An die Giebelwand war von dem Grundstück der Beklagten aus vollständig angebaut worden. Der Anbau hatte für das Gebäude des betroffenen Nachbarn eine wärmeisolierende Funktion. Diese wurde mit dem Abriss des Hauses beseitigt. Deshalb ist war der abreißende Nachbar zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands auf seine Kosten verpflichtet.
Weitere Fundstellen u. a.:
